Psychische Gesundheit: Uni Rostock schult Mitarbeitende

„Weil psychische Probleme auch im akademischen Bereich, insbesondere bei Studierenden und jungen Forschenden auftreten, wollen wir direkt vor Ort, also nur den Flur runter, ein niederschwelliges Hilfsangebot in Form eines ersten Gespräches anbieten“, sagt Doktorand Tim Völzer. Der 28-Jährige hat diese besondere Art der Weiterbildung maßgeblich mit der Physik-Absolventin Wanda Witte als Teil einer so genannten Mental Health Initiative am Institut für Physik organisiert.

Am 29. und 30. September konnten dreizehn Mitarbeitende der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät von einem Psychologen dafür sensibilisiert werden, Alarmsignale bei Betroffenen zu erkennen und ihnen gegebenenfalls schnelle professionelle Hilfe zu vermitteln. Die Initiative wurde im Sommer 2020 von den Doktorandinnen Anna Julia Poser und Ayla Kruse ins Leben gerufen. Ausschlaggebend für die Gründung der Initiative war die neu entstandene Situation durch die Corona-Pandemie. Bereits vorher zeigte sich bei Studierenden und Mitarbeitenden ein Bedarf am Austausch zu verschiedenen Themen der mentalen Gesundheit, wie Anna Julia Poser erklärt. Inzwischen hat die Gruppe zehn aktive Mitglieder, auch Promovierende des Instituts für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn engagieren sich für Vorträge, Workshops und andere Projekte. Bestätigung gibt es ebenfalls von URgesund, demGesundheitsmanagement der Uni Rostock „Es ist großartig zu sehen, dass unsere Veranstaltungen bei vielen Menschen an der Fakultät Anklang finden und wir breite Unterstützung bekommen“, freut sich Anna Julia Poser.

Tim Völzer hat in seinem nahen Umfeld erlebt, dass mehr Menschen von psychischen Erkrankungen betroffen sind, als man es auch nur erahnt. „Es wird darüber viel zu wenig geredet und zugleich werden Betroffene oft noch stigmatisiert“, sagt der Forscher. „Wir als Mental Health Initiative setzen uns dafür ein, Wissen zum Thema der mentalen Gesundheit zu vermitteln, Aufmerksamkeit zu generieren und so ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen“.

Der Erste-Hilfe-Kurs zielt nicht darauf ab, Diagnosen zu erstellen oder psychologische Behandlungen durchführen zu können: Die spätere Aufgabe der Teilnehmenden liegt vielmehr darin, im ersten vertrauensvollen Gespräch Warnsignale zu erkennen, Betroffenen Hilfestellungen zu geben und sie bei Bedarf an professionelle Stellen zu vermitteln. „Dieser Kurs ist ein Versuch, dem Thema Rückenwind zu verleihen und zusätzliche Strukturen aufzubauen, die den Menschen an der Universität direkt helfen können“, sagt Tim Völzer.

„Im Kurs kann gelernt werden, wie man Angehörige, Freundinnen und Freunde oder Kolleginnen und Kollegen, denen es nicht gut geht, ansprechen und helfen kann. Die Kurse sind eine wichtige Antwort auf die zunehmenden psychischen Gesundheitsprobleme und komplementieren die klassischen Erste-Hilfe-Kurse“, sagt Tobias Lange. Als Gründer und Leiter von „LANGE gesund –Ausbildungsstelle für (psychische) Erste Hilfe und Simulationsmedizin“ leitet er die Weiterbildung an der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät.

Viele Universitätsmitarbeitende, die Studierende in der Lehre oder während ihrer Abschlussarbeiten betreuen, kennen die Situation, von Studierenden wegen psychischer Probleme angesprochen zu werden, die häufig unter starker Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen oder Angstzuständen leiden. In Vorgesprächen berichteten die Teilnehmenden des Erste-Hilfe-Kurses, von solchen Gesprächen überfordert gewesen zu sein. Gleichzeitig sei diese Überforderung aber Antrieb dafür gewesen, sich zu dem Thema weiterbilden zu lassen und ein solches Angebot zur Hilfe anzunehmen.

Oft herrsche die Auffassung, Studierende hätten es leicht: flexible Arbeitszeiten, viel Freizeit und nur alle halbe Jahr Prüfungen. „Schön wäre es“, sagt ein 22-Jähriger Student. Er spüre immer wieder Versagensangst und habe dann Sorge um eine ungewisse Zukunft: „Das nagt an der Seele.“

Mit dem Kurs möchte die Mental-Health-Gruppe, die sich alle zwei Wochen trifft, einen Impuls geben und hofft darauf, dass weitere solcher Angebote in Zukunft an der Universität Rostock entstehen. Weitere Informationen und Kontakte zu Hilfsangeboten sind hier verlinkt.

 

Studierende, die Hilfe benötigen, können sich auch an die psychologische Beratung des Studierendenwerks Rostock-Wismar www.stw-rw.de/de/soziale-dienste/beratung/psychologische-beratung.html wenden.

Text: Wolfgang Thiel

Kontakt:

Mental Health Initiative

Institut für Physik, Universität Rostock

mhi.physics@uni-rostock.de

 

www.physik.uni-rostock.de/arbeitsgruppen/gruppenuebergreifendes/graduiertenkolleg/mental-health-initiative/


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